Blog 11.12.2013

ADHS oder doch nur Bewegungslerner?

Wöchentlich kommen Kinder zu mir, die diagnostiziert ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung) haben. Dieses Thema ist hochkomplex, denn es sind viele Aspekte zu beleuchten, um zu verstehen, warum wir eine wahrhafte Flut von solchen Diagnosen haben. Tatsächlich nimmt das Phänomen zu, dass die Kinder von heute sich schlechter konzentrieren können als noch zu Beginn unserer Arbeit im Lernwerk. In der Schule berichten die Lehrer davon, dass viele ihrer Schüler nicht aufpassen und zuhören. „Bei den Hausaufgaben zappelt Julius dermaßen, dass ich wahnsinnig werde“, berichtet mir eine Mutter von vielen. Nun wurde das Thema auch in dem Film „Kopfüber“  bearbeitet und findet ein breites Interesse. Ein Interview von mir zu diesem Film könnt ihr auf t-online.de lesen.

 Tatsächlich gibt es Kinder, die sich auf nichts fokussieren können, rastlos, ungesteuert, nie müde und muskulär hoch angespannt sind! Nie waren sie friedliche Babys oder zufriedene Kleinkinder! Diese Kinder, deren Familie und deren Lehrer brauchen umfassende und persönliche Hilfe von Experten.

Falls dein Kind erst seit der Schule ermahnt wird, dass es besser zuhören und sich konzentrieren soll, dann könnte es einfach ein Bewegungs- und Gefühlslerner sein, evtl. mit einer schwachen Ohraufnahme. Dass bedeutet, dein Kind lernt besser durch selbst tun, selbst sprechen, Experimente und selbst verstehen als durch Unterweisungen. Oft sind diese Kinder noch viel abhängiger als andere von der Lehrerpersönlichkeit und der Lernatmosphäre. Diesen Lerntyp treffen wir bei uns im Lernwerk sehr oft. Klar, denn Kinder, die durch einfaches Zuhören lernen und dabei noch still sitzen, haben es in der Schule am einfachsten. Wir haben jahrelang ausprobiert, was unseren bewegten und gefühlsempfindlichen Kindern gut tut. Hier habe ich auch ein paar Tipps für dich zu Hause:

  • Schaffe für das Kind eine gute Gewohnheit (so wie du das schon beim Zähneputzen getan hast) in gemütlicher Atmosphäre, um seine Hausaufgaben zu erledigen. Vermeide dabei Streit und Zank! Lobe die Selbstständigkeit deines Kindes und kontrolliere die Hausaufgaben anschließend nicht (oder nur heimlich).
  • Unterbinde nicht den Bewegungsreiz deines Kindes beim Lernen, sondern gib  ihm etwas in die Hand zu bewegen, das kein Geräusch macht (Wachs, Knetradiergummi, Handschmeichler). Sagt man: „Lege alles aus der Hand und sitz still.“, so bedeutet das für diesen Lerntyp: „Lerne nicht!“.
  • Verschaffe deinem Kind viel Bewegung als Ausgleich und Ruhephasen ohne Input. Streiche niemals Sport zugunsten der Schule!
  • Meide Medienkonsum, denn dadurch verstärken sich die Konzentrationsprobleme. Ein Mensch kann schlechter zuhören, wenn er beim Einschlafen Sprech-CDs oder Radio hört.
  • Sprich nicht dauernd über die Schule und gib deinem Kind nicht ständig Anweisungen. Sprecht lieber miteinander und höre selber gut zu. Dieser Lerntyp verdaut Probleme am besten durch selber sprechen.

Dein Kind ist das tollste Kind, das es gibt! Die Schule sollte daran nichts ändern. Deine Akzeptanz des Kindes und die Beschäftigung mit seinen Sorgen sind die wichtigste Hilfe, die dein Kind überhaupt bekommen kann. Ich hoffe, ich konnte dich und dein Kind unterstützen. Wenn du noch Fragen hast, schreib mir einfach. Ich freu mich.